Gründungsveranstaltung in Braunschweig und Wolfenbüttel am 21. November 2003

1. Etappe: Besuch der Bibliotheca Augusta

Gründung der Ken Whyld Association Erste Etappe: Besuch der Bibliotheca Augusta in Wolfenbüttel

Duke August Library, Wolfenbüttel
Duke August Library, Wolfenbüttel

Rund 35 Schachfreunde aus nah und fern waren unserer Einladung nach Braunschweig gefolgt, um an der KWA-Gründungsveranstaltung teilzunehmen – die weiteste Anreise hatte der Fernschach-GM und Schachhändler Juan Morgado aus Buenos Aires auf sich genommen. Den programmgemäßen Auftakt bildete die mit Spannung erwartete Exkursion zur berühmten Herzog August Bibliothek im 15 km entfernten Wolfenbüttel, der ehemaligen Residenzstadt der Welfen. Diese Bibliothek stellt eine Quellensammlung zur europäischen Buchgeschichte vom Ausgang der Antike bis zur Gegenwart dar und hat sich zu einer Forschungs- und Studienstätte für europäische Kulturgeschichte entwickelt.

Visitors to the Duke August Library, Wolfenbüttel
Visitors to the Duke August Library, Wolfenbüttel

1st row: Frank Schubert, Godehard Murkisch mit Partnerin, Christine Möhle, Juan Morgado, Michael Negele, Andreas Saremba, Norbert Fieberg, Jurgen Stigter, Tony Gillam, Wolfgang Pähtz
2nd row: Uwe Durst, Günter Büsing, Ralf Binnewirtz, Martin Ramsauer, Calle Erlandsson, Claes Løfgren, Hans-Jürgen Fresen, Wolfgang Remin
3rd row: Henri Serruys, Peter Holmgren, Fr. Frenzel, H. J. Frenzel, Matthias Limberg, Rudolf Reinhardt
4th row: Bernd Ellinghoven, Rolf Littorin, Bodo Pawlik, Siegfried Schönle, Fr. Glenk, Tomasz Lissowski, Manfred Mittelbach, Rudolf Glenk

Der herzlichen Begrüßung durch den Direktor der Bibliothek, Herrn Prof. Dr. Helwig Schmidt-Glintzer, folgte ein in Englisch gehaltener 20minütiger Einführungsvortrag von Frau Dr. Gillian Bepler. Hierzu entfaltete der als Kulissenbibliothek gestaltete große Bibliotheksaal eine wahrlich beeindruckende Wirkung. Ebenso überwältigend sind die Bestände: die Bibliothek umfasst ca. 850.000 Bände, darunter ca. 415.000 Drucke vor 1850: ca. 3.500 Inkunabeln, 75.000 Drucke des 16. Jahrhunderts, 150.000 Drucke des 17. Jahrhunderts, 120.000 Drucke des 18. Jahrhunderts.
Einen Einblick in die Geschichte der Herzog August Bibliothek erhalten Sie durch die Lektüre der folgenden Webseite: Kleine Geschichte der Bibliothek.

Die anschließende Führung, die in zwei Gruppen („englisch“ und „deutsch“) erfolgte, konnte sich schon wegen des beschränkten Zeitrahmens nur auf einen Teilbereich der Bibliothek erstrecken: neben dem „Globenraum“, der eine Sammlung alter Land- bzw. Weltkarten sowie Globen präsentierte, wurde natürlich der Raum mit den Schach-Exponaten zum bevorzugten Objekt der Besichtigung.

Tony Gillam, Jurgen Stigter, Dr. Bepler and Calle Erlandsson
Tony Gillam, Jurgen Stigter, Dr. Bepler and Calle Erlandsson

Ein Exemplar des „Gustavus Selenus“ (Das Schach- oder König-Spiel), des ersten gedruckten Schachbuchs in deutscher Sprache aus dem Jahre 1616, und das zugehörige Manuskript standen im Mittelpunkt einer kleinen Bücher- und Handschriften-Galerie mit erlesenen Raritäten zum Thema Schach und „Rhythmomachia“, dem uralten Zahlenspiel.

Henri Serruys, Hans-Jürgen Fresen, Matthias Limberg and Wolfgang Pähtz
Henri Serruys, Hans-Jürgen Fresen, Matthias Limberg and Wolfgang Pähtz
Juan Morgado, Henri Serruys, Godehard Murkisch and Peter Holmgren (bending over the glass case), Günter Büsing and Claes Løfgren
Juan Morgado, Henri Serruys, Godehard Murkisch and Peter Holmgren (bending over the glass case), Günter Büsing and Claes Løfgren

Ein massives und kunstloses Spielbrett („Klappkasten“) aus dem Besitz Herzog Augusts war ein weiterer Blickfang. Es diente wohl dem täglichen Gebrauch und ist auf der Oberseite mit einem Intarsien-Schachbrett versehen, auf der Unterseite befindet sich ein Mühlespiel; im Innenraum waren die (leider fehlenden) Spielsteine untergebracht, und die Innenseiten sind zu einer Tric-Trac-Spielfläche („Backgammon“) gestaltet.

Dr. Bepler, Tony Gillam and Calle Erlandsson next to the game board of Duke August
Dr. Bepler, Tony Gillam and Calle Erlandsson next to the game board of Duke August
Lessing's Chess Table
Lessing's Chess Table

Ein Exponat von herausragender Bedeutung ist der Schachtisch des deutschen Dichters und Philosophen Gotthold Ephraim Lessing (22.01.1729 – 15.02.1781), der von 1770 bis zu seinem Tode in Wolfenbüttel lebte und als hauptamtlicher Bibliothekar an der Herzog August Bibliothek tätig war. Die Transkription einer Aufzeichnung über Lessings Schachtisch aus dem Jahre 1880 können Sie hier einsehen, dieser Brief wurde erst kürzlich in Privatbesitz entdeckt und gelangte über Vermittlung des Hauses Klittich-Pfankuch an die Bibliothek: Lessings Schachtisch

Herr Prof. Dr. Schmidt-Glintzer und Herr Roger Klittich vor Lessings Schachtisch
Herr Prof. Dr. Schmidt-Glintzer und Herr Roger Klittich vor Lessings Schachtisch

Zum Abschluss der Führung, die bei den Gästen eine überaus positive Resonanz hervorgerufen hat und mit gebührendem Beifall quittiert wurde, sprach Michael Negele im Namen der Ken Whyld Association und aller Teilnehmer ein kurzes Dankeswort an unsere Gastgeber, Frau Dr. Jill Bepler und Herrn Prof. Dr. Helwig Schmidt-Glintzer sowie an Herrn Roger Klittich, der diesen Besuch so hervorragend organisierte.

Rolf Littorin, Juan Morgado, Peter Holmgren, Roger Klittich, Calle Erlandsson
Rolf Littorin, Juan Morgado, Peter Holmgren, Roger Klittich, Calle Erlandsson
2. Etappe: Gründungsversammlung

Gründung der Ken Whyld Association Zweite Etappe: Gründungsversammlung in Braunschweig

Das Auktionshaus Klittich-Pfankuch am Theaterwall
Das Auktionshaus Klittich-Pfankuch am Theaterwall

Zurück aus Wolfenbüttel gab es im Auktionshaus am Theaterwall eine wohlverdiente Pause, die bei Bier vom Faß und kleinen Leckereien für gleichbleibend gute Laune bei den Gästen sorgte. Da mittlerweile auch jene Teilnehmer eingetroffen waren, die nicht mit nach Wolfenbüttel konnten, begann die Gründungsversammlung mit leichter Verspätung im Auktionssaal gegen 17 Uhr 30.

1. Reihe: Christine Möhle und Godehard Murkisch 2. Reihe: Frank Schubert, Henri Serruys und Wolfgang Remin
1. Reihe: Christine Möhle und Godehard Murkisch 2. Reihe: Frank Schubert, Henri Serruys und Wolfgang Remin

Im Anschluss an eine kurze Begrüßung durch den Gastgeber Roger Klittich gab Jurgen Stigter eine erste Einführung zur Ken Whyld Association, die nochmals die grundlegenden Ziele und Konzepte unserer Vereinigung in Erinnerung brachte, so wie sie ursprünglich in der „Amsterdam-group“ entwickelt worden waren. Die wesentlichen Inhalte dieser Präsentation können in der „Marburg Presentation“ (siehe Link) rekapituliert werden. Außerdem stellte Jurgen mit etlichen Fotos jene Mitglieder der „Amsterdam-group“ vor, die leider nicht nach Braunschweig kommen konnten.

Links: Rolf Littorin, Calle Erlandsson und Tony Gillam Rechts: Matthias Limberg
Links: Rolf Littorin, Calle Erlandsson und Tony Gillam Rechts: Matthias Limberg

Danach wurden von Michael Negele die vier wesentlichen Ziele der KWA vorgestellt, die in dieser Form auch in der Satzung verankert sind. Diese Ziele fanden die generelle Zustimmung der Versammlung, so dass eine kurzfristige Erweiterung oder Modifizierung derselben nicht ins Auge gefasst werden muss.

Ein Zeitraffer-Streifzug durch die Seiten der KWA-Homepage, der von Ralf Binnewirtz (aus technischen Gründen) offline durchgeführt wurde, erinnerte u. a. nochmals an unsere Verstorbenen, Ken Whyld und Horst Lüders, die beide mit einer Gedenkseite angemessen gewürdigt werden. Die gelungene Arbeit des Webmasters wurde allseits mit freundlichem Beifall honoriert. Auf die Möglichkeit, eigene Mitgliederseiten einzurichten, wurde hingewiesen. Hiermit soll interessierten Mitgliedern gegen eine geringe Kostenbeteiligung ein dem Layout der KWA-Seite angepaßter individuellen Auftritt angeboten werden. Nähere Modalitäten sind mit dem Webmaster abzustimmen.

Roger Klittich, Jurgen Stigter und Ralf Binnewirtz
Roger Klittich, Jurgen Stigter und Ralf Binnewirtz

Den umfangreichen Part der Präsentation und Diskussion sämtlicher Satzungsartikel übernahm wiederum in gewohnt routinierter Form Michael Negele. Da die Details der Satzung auf der KWA-Homepage eingesehen werden können, sollen sie an dieser Stelle nicht weiter ausgebreitet werden.
Ebenso wurden von Michael Negele die vorgeschlagenen Vorstandsfunktionen vorgestellt sowie die Rolle möglicher weiterer assoziierter Vorstandsmitglieder. Für die letzteren wurde von Tony Gillam der Terminus „co-opted, non-voting members“ (hinzugewählte, nicht stimmberechtigte Mitglieder des Vorstandes) vorgeschlagen, der auf breite Zustimmung stieß. Eine weitere Anregung von Rudolf Glenk, die Zirkulare zukünftig auch in gedruckter Form zu verteilen, wurde ebenfalls positiv aufgenommen.

Michael Negele, Juan Morgado und Peter Holmgren
Michael Negele, Juan Morgado und Peter Holmgren

Jurgen Stigter ergriff anschließend das Wort, um die Finanzen / das Budget der KWA für das erste Vereinsjahr, also 2004, zu beleuchten. Eine gesunde finanzielle Basis scheint durch die erfreulich hohe Mitgliederzahl zum Start, eventuell unterstützt durch zusätzliche freiwillige Zuwendungen, gewährleistet.

Folgende generelle Aussagen zur Finanzierung wurden gemacht:

1) Zur Abdeckung eventueller Anschubkosten (Website, Server) wird sich der Vorstand um mindestens 10 Startspenden für die KWA bemühen.
2) Eine Software-Lösung (MARK) zum Import und Export von bibliographischen Aufzeichnungen soll angeschafft werden.
3) Aufgrund des großzügigen Sponsoring durch das Haus Klittich-Pfankuch entstanden durch das Gründungstreffen keine Kosten für die KWA. Der Reprint von Ken Whylds "Chess Reader" wird den Mitgliedern als Startgeschenk überreicht; die Kosten der Herstellung werden von Vlastimil Fiala (Herausgeber) und Jurgen Stigter (Materialkosten) getragen.
4) Eventuell verbleibende Überschüsse aus den Anschubfinanzierungen werden dem laufenden Budget der KWA zugeführt; mögliche Fehldeckungen müssen dem durch die Mitgliederbeiträge in 2004 eingenommenen Vereinsetat entnommen werden.
5) Publikationen durch die KWA können eine Anschubfinanzierung benötigen (z.B. Übersetzungs-Honorar), die nicht vollständig aus den Erträgen zurückfließt. Solche Projekte werden der Mitgliederversammlung vorgestellt, die über die Durchführung jeweils entscheidet.
6) Die Verwaltungskosten sind niedrig zu halten. (Kaum Postgebühren wegen Email-Verteilung; möglichst geringe Bankkosten)

Tony Gillam, Jurgen Stigter und Tomasz Lissowski
Tony Gillam, Jurgen Stigter und Tomasz Lissowski

Die Ausführungen von Jurgen Stigter zum Thema Datenbank beschränkten sich (aus Zeitgründen) im Wesentlichen auf die Demonstration verschiedener Suchabfragen bzw. der möglichen Kombinationen von Suchbegriffen. Zum Zeitpunkt der KWA-Gründung war die online-Verknüpfung von der Homepage zur Datenbank bzw. zum Katalog noch nicht realisiert. Das erste Buchprojekt der KWA, die Herausgabe einer deutschsprachigen Zukertort-Biographie, wird von Thomas Lemanczyk (Übersetzer), Tomasz Lissowski und Michael Negele gemeinsam angegangen.
Für die geplante Herausgabe, basierend auf der polnischen Zukertort-Biographie von C. W. Domanski und T. Lissowski (Warschau 2002), diskutierte Michael Negele ein realistisches Finanzierungsmodell.
Ein (deutscher) Verlag muss noch gefunden werden. (Postskriptum: Siehe Publikationen)

Andreas Saremba schlug die Möglichkeit "Book on demand" als mögliche Publikationsform zur Prüfung vor. Weiterhin regte er die elektronische Hinterlegung von historisch bedeutsamer Schachliteratur auf der Website zur freien Verfügung aller Interessenten an.

Manfred Mittelbach und Hans-Jürgen Fresen
Manfred Mittelbach und Hans-Jürgen Fresen

Nach einer Pause, die einige Teilnehmer noch nutzten, um ihre KWA-Mitgliedschaft durch Eintrag in die Mitgliederliste zu bestätigen, wurde das Votum für die Gründung der KWA vorgenommen, die einhellig erfolgte.
Damit war die Ken Whyld Association offiziell gegründet.
Die nachfolgende Wahl des Vorstands bestätigte die vorgeschlagenen Kandidaten in ihren Ämtern und verlief gleichfalls ohne Gegenstimme. Neben Jurgen Stigter und Michael Negele stellten sich die anwesenden Schachfreunde Peter Holmgren (stellvertretender Vorsitzender), Hans Engberts (Schatzmeister), Roger Klittich (Rechtsberater) und Juan Morgado (Vertreter für Lateinamerika) mit kurzen Worten vor.

Juan Morgado und Joop Jansen
Juan Morgado und Joop Jansen

Ein freundliches Schlusswort von Herrn Roger Klittich beendete die Versammlung, die Teilnehmer konnten anschließend noch in geselliger Runde auf einen erlebnisreichen Tag zurückblicken und mit Spannung der Auktion entgegenfiebern.

Jurgen Stigter, Henri Serruys und Ralf Binnewirtz
Jurgen Stigter, Henri Serruys und Ralf Binnewirtz

Die ursprünglich geplante 1. Vorstandssitzung nach Gründung mußte wegen des engen Zeitplanes und der Abreise Hans Engberts verschoben werden und ist nun für den 29.11.2003 in Amsterdam geplant (Jurgen Stigter, Peter Holmgren und Hans Engberts).

Abschließend sei nochmals ausdrücklich unserem Gastgeber-Ehepaar, Frau Adelheid Klittich-Pfankuch und Herrn Roger Klittich für Ihre großzügige Gastfreundschaft in Ihrem Hause gedankt, ohne die eine so erfolgreiche Durchführung unserer Gründung der KWA schwerlich möglich gewesen wäre.

Das Ehepaar Klittich (im Mai 2001)
Das Ehepaar Klittich (im Mai 2001)
Ergänzung: Historische Artikel zum regionalen Schachgeschehen

Historische Artikel zum regionalen Schachgeschehen

Katalog zur Ausstellung in der Bibliotheca Augusta 26.11.1992 - 31.05.1993
Katalog zur Ausstellung in der Bibliotheca Augusta 26.11.1992 - 31.05.1993

Einen glücklichen Fund können wir Ihnen an dieser Stelle präsentieren: einen Bericht über den Schach-Kongress Braunschweig 1880, entnommen aus Chess Monthly, 8/1880. Die zeitgleich stattfindende Schach-Ausstellung im Braunschweiger Museum wurde schon damals mit Exponaten aus Wolfenbüttel aufgewertet: Braunschweig 1880 (beginnend ca. Mitte S. 355).

Schachfreund Rainer Krämer aus Wittmar hat uns freundlicherweise einen Artikel (inklusive Bilder) über das Schachgeschehen in Wolfenbüttel zur Verfügung gestellt, den er für das Heimatbuch des Landkreises Wolfenbüttel 2004 verfasst hat und den wir hiermit gerne an unsere Leser weiterreichen: Schach in Wolfenbüttel (pdf-Datei); die Bilder (Fotos, Dokumente) zum Artikel haben wir in einer kleinen Bildergalerie zusammengefasst.
Herrn Krämer danken wir herzlich für diese schöne Chronik.

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