„Der Schach-Verein Bitterfeld“ und noch viel mehr!
Von seinen Anfängen um 1880 bis 1945
von Siegfried Schönle
Bitterfeld – wer kennt diesen Ortsnamen nicht in Ost– und Westdeutschland und verbindet damit vor allem Braunkohle, Chemie-Industrie, in der Literatur den sogenannten „Bitterfelder Weg“, Umweltverschmutzung und nun auch
– auf 358 Seiten Schach!
Einer möglichen Reaktion auf den Namen Schach-Verein Bitterfeld: Was geht mich dieser kleine Verein an?, möchte ich gleich zum Beginn widersprechen und aufzeigen, was der Leser dieses Buches an „viel mehr“ erwartet. Doch, der Reihe nach!
In großer Fülle und Vielfältigkeit Problemschach aus dem Bitterfelder Tageblatt, sachkundig durch Dr. Ralf Jürgen Binnewirtz in seinem Vorwort erläutert. Ralf J. Binnewirtz prüfte auch die einzelnen „Leichtgewichte“ auf ihre Stimmigkeit hin. Im Anhang, S. 333ff, befindet sich von ihm ein „historischer Exkurs zur chinesischen Familie“, um „Klarheit zum Werdegang der chinesischen Figuren im Problemschach“ zu erlangen. Anlass zu seinen Überlegungen war der Fund des „Paoma“-Artikels des Bitterfelders Prof. Dr. P. Seyferth aus dem Jahr 1936.
Die Problemschach-Freunde dürfte es erfreuen.
Zweierlei möchte ich aus dem Vorwort des Verfassers, Konrad Reiß, hervorheben. Zurecht hat er die Lebens- und Schachgeschichte des jüdischen Kaufmanns Max Nussbaum in dieser Chronologie aufgearbeitet (S.169-177 u.a.) und, auch das sei betont, angemessen und quellenorientiert schachlich und historisch ausformuliert. Max Nussbaum war, wie die Nachforschungen Konrad Reiß erbrachten, Mitbegründer des Bitterfelder Schachvereins, wurde wie tausende andere Juden ab 1933 aus dem Vorstand ausgeschlossen und in 1944 in Auschwitz ermordet.
Den Leser wird es interessieren!
Deshalb bleibt es unverständlich, ist auch inhaltlich in keinster Weise nachvollziehbar, dass aufgrund dieser ausgewogenen Darstellung der Zeit des Faschismus das Innenministerium des Landes Sachsen-Anhalts auf ein angekündigtes Vorwort meinte verzichten zu müssen.
Der interessierte Leser wird sich eine eigene Meinung bilden können!
Von lokaler Bedeutung mögen die Namen der Vereinsvorsitzenden Dr. Paul Seyferth und Dr. Krahnstöver sein, mögen Vereinsnamen wie Wolfen, Sandersdorf, Weißenfels, Holzweißig und andere fremd klingen, doch ein Blick auf die doppelseitig abgedruckte „Handkarte des Kreises Bitterfeld“ (S.352-353) zeigt, in diesem Buch wird die Schachgeschichte einer mitteldeutschen Region historisch rekonstruiert und weckt allein dadurch ein verstärktes Interesse.
Der Leser mag sich ein eigenes Bild formen!
Von überregionaler Bedeutung zeugt allein diese Namensreihe: Ranneforths Schachkalender, Max Blümich, Jacques Mieses, Arbeiter-Schach, Kraft durch Freude, Rudolf Spielmann, Schachrakete, Alfred Brinkmann – und „vieles mehr“ – wie der Leser aus dem Inhaltsverzeichnis entnehmen kann!
Jahrelange Forschungsarbeiten und Stunden der Suche in Archiven führten Konrad Reiß zu interessanten Entdeckungen. Hervorgehoben sei hier allein die Zeitung „Bitterfelder-Schach-Rakete“, S. 29f u.a. Von dieser Vereinsschrift ist ein einziges vollständig erhaltenes Exemplar bekannt, das in der Deutschen Bibliothek Leipzig aufbewahrt wird. Dieser Fund war dem Historiker Konrad Reiß in 2023 eine eigenständige Publikation wert: Die Schach-Rakete zur besseren Beleuchtung des Schachspiels und des Schachvereins Bitterfeld. 1924-1927.
Das Buch in dem angenehmen Format 170 x 250 ist sehr lesefreundlich gestaltet. Die zahlreichen Fotos, Diagramme, die historischen Abbildungen anhand erhaltener Postkarten, Zeitungsausschnitte, Faksimiles, Notationen und auch die Karte wurden in hoher Qualität sowie in angemessener Größe gedruckt.
Das wird den Leser zum Blättern und Lesen einladen!
Zu bestellen ist das prächtige Buch bei:
Konrad Reiß / SG 1871 Löberitz
Oskar-Fleischer-Straße 11
D 06780 Zörbig
Der Preis lässt sich vom Autor erfahren: Konrad Reiß konradreiss@web.de
Siegfried Schönle, August 2024