Nachrichtenarchiv
April 2023
Literatur, Schach spielende Frauen und Bertolt Brecht
von Dr. Bernd-Peter Lange
I.
Erst in neuerer Zeit gibt es größere Risse in der lang währenden Dominanz der Männer im Schachspiel. Erst jetzt erhalten die Turniere der weltbesten Schachspielerinnen eine ähnliche mediale Aufmerksamkeit wie die der Männer. In die Weltspitze dieses hochzerebralen, längst professionalisierten Spiels dringen inzwischen immer mehr Frauen vor, speziell von außerhalb der westlichen Welt. Immer noch allerdings scheinen entwicklungspsychologische Hürden diesem Aufholprozess enge Grenzen zu setzen. Seit Piaget sind die unterschiedlichen Spielpräferenzen von Jungen und Mädchen für die Neigung der Mädchen zu kooperativen turn-taking-games sowie der Jungen für antagonistische Nullsummenspiele verantwortlich gemacht worden.[1] Maskulinität ist bis heute eine Signatur des Schachspiels in der sozialen Wirklichkeit.
Dies ist auch ein im angelsächsischen Bereich verbreiteteres Motiv als etwa im deutschsprachigen, in dem die Auseinandersetzung mit dem Genderproblem im Schachspiel nicht auf eine vergleichbar kontinuierliche Tradition zurückblicken kann, selbst wenn seit dem Boom um den Medienerfolg des Films Damengambit vor einigen Jahren das Schach von Frauen stärker in die Öffentlichkeit dringt. In Deutschland folgte dem kürzlich eins der wenigen Bücher über Geschlechterverhältnisse im Schach aus der Feder der Großmeisterin Elisabeth Pähtz, Wer den vorletzten Zug macht, gewinnt! Ein bekannteres älteres Beispiel für die kritische Thematisierung des Geschlechterverhältnisses aus maskuliner Perspektive im Schach ist Julian Barnes` Bericht über die vakante Weltmeisterschaft zwischen Kasparov und Nigel Short (1993).
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